Internationale Erfahrungen zum Thema Grundeinkommen
Internationale Erfahrungen zum Thema Grundeinkommen

Internationale Erfahrungen zum Thema Grundeinkommen

Ein Gastbeitrag von Enno Schmidt

Am 19. und 20. Juni 2015 fand in Seoul ein „Internationaler Kongress zum Grundeinkommen in Korea“ statt. Er ist Auftakt für den großen BIEN Kongress im nächsten Sommer dort. Enno Schmidt war dort eingeladen, um über die „Volksinitiative zum Grundeinkommen in der Schweiz und Volksabstimmung“ vorzutragen. Zunächst seine komprimierte Zusammenfassung der Ergebnisse und des Kongresses und nachfolgend sein Referat.

Zum Stand des Grundeinkommens in Südkorea, China und Indien

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wird in Südkorea vor allem von Professorinnen und Professoren der Wirtschafts-, Sozial- und Politikwissenschaften getragen und von einzelnen Politikern, wie der Vorsitzenden der Grünen Partei und dem Bürgermeister der Millionenstadt Seongnam, der bei den nächsten Wahlen 2017 Präsidentschaftskandidat sein könnte.

Der Lebensstandart in Südkorea ist vergleichbar mit dem in Mitteleuropa. Doch während die ältere Generation von dem Aufschwung seit den 60er Jahren profitierte, fehlt es für die Jungend jetzt an Jobs. Und an Geld. Deshalb ist eine Jungend-Dividende im Gespräch, die den jungen Leuten eine freie finanzielle Basis gewähren soll, damit sie mehr Möglichkeiten haben, sich auszubilden und ihren eigenen Weg zu finden. Diese Jugend-Dividende könnte als ein Schritt hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen gestaltet werden. Der Generationenkonflikt wird in Südkorea offen angesprochen. Er bezieht sich auch auf tradierte Formen einerseits, auf Individualisierung und mehr Freiheiten andererseits. Deshalb spielt auch das Jugendnetzwerk der „Generation Grundeinkommen“ in Südkorea eine aktive Rolle. Zudem findet die Idee bei einigen Gewerkschaftlern und Arbeiterverbänden Anklang.

Unter den Redner auf dem Kongress war auch ein Professor aus Peking, Cui Zhiyuan. Erstens, sagte er, sei China, nachdem es den Kommunismus verlassen hat, auf der Suche nach einem eigenen Weg, der nicht einfach nur den Kapitalismus übernimmt. Das bedingungslose Grundeinkommen ließe alle am Gemeinwohl teilhaben und am gesellschaftlichen Vermögen. Das würde dem Anspruch gerecht, ein soziales Land zu sein. Zweitens seien die Bedürftigkeitsnachweise für Arme für den Erhalt von Sozialhilfe unwürdig. Das bedingungslose Grundeinkommen sei viel menschlicher. Zwar sieht Prof. Cui Zhiyuan noch nicht, dass alle 1,3 Milliarden Chinesen ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten können, aber man könne mit einigen anfangen. Dass die Bevölkerung in der Schweiz über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens abstimmt, ist für ihn ein Ansporn.

Aus Indien berichtete Sarath Davala von dem Pilotprojekt, dass in 8 Dörfern über 17 Monate ein bedingungsloses Grundeinkommen ausgezahlt wurde. Um einen Vergleich zu haben, wurden in 12 anderen Dörfern die Entwicklung und das Leben beobachtet, in denen kein Grundeinkommen ausgezahlt wurde. Das ausgezahlte Grundeinkommen betrug 5 Dollar im Monat für Erwachsene, für Kinder die Hälfte. Die Armutsgrenze liegt in Indien offiziell bei 15 Dollar im Monat. Der Grundeinkommensbetrag war also sehr gering. Dennoch war die Wirkung groß. Auch in Indien herrscht die Meinung vor, dass die Armen ihre Armut verdient haben, und dass sie nicht mit Geld umgehen können. Sonst wäre sie ja nicht arm. Man solle ihnen lieber Reis statt Geld geben. Doch, so Sarath Davala, gerade die, die sehr wenig haben, gehen sorgfältig mit Geld um. Ein Alkoholproblem hatten vor der Auszahlung eines Grundeinkommens einige in den Dörfern. Danach hatten sie keine Zeit mehr, sich zu betrinken. Denn das Grundeinkommen öffnete Möglichkeiten. Man kann was machen! Diese Erfahrung der Möglichkeiten, dass man sich nicht nur ungehört unter das Gegebene beugen muss, gehörte zu den wichtigsten Erfahrungen der Menschen durch das Projekt. Und dass es ein individuelles Einkommen gibt, ein Einkommen unmittelbar für mich. Und dass dieses Einkommen regelmäßig ist, nicht nur einmal, was planen lässt. Schulden wurden abgebaut, durch die viele vorher in einem Leibeigenschaftsverhältnis zu einem Arbeitgebern standen. Kinder wurden länger zur Schule geschickt, insbesondere Mädchen, die nun mit den Jungen gleich zogen. Viele kleinwirtschaftliche Aktivitäten entstanden. Familienmitglieder legten ihre Grundeinkommensbeträge zusammen, um etwas Neues anzufangen. Das Geld für die Grundeinkommen kam von der SEWA Bank, der Bank einer Assoziation selbständig arbeitender Frauen in Indien.

Das Besondere für mich auf solchen Reisen ist, dass die Menschen überall die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens denken können. Die Kulturen sind unterschiedlich, die Lebensumstände sind unterschiedlich, und letztlich ist jeder Mensch eine Kultur für sich. Aber was das bedingungslose Grundeinkommens ausmacht können Menschen überall denken. An etwas Gleichem wir die Unterschiedlichkeit zur Freude.

„Volksinitiative zum Grundeinkommen in der Schweiz und Volksabstimmung“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich zunächst bedanken für die Einladung hier her nach Seoul. Besonders bedanken möchte ich mich
– bei Prof. Dr. Kwon, Jeong-Im, die mit mir korrespondiert hat und mir viel geholfen hat,
– bei Prof. Dr. Kang, Nam-Hoon und bei Prof. Dr. Kwack, No-Wan,
– Und ich möchte mich bedanke bei den Dolmetschern, unter anderem bei Geum, Min.

Mein Name ist Enno Schmidt. Ich bin Künstler. Meine Herkunft ist die Malerei. Von der Malerei aus bin ich der Frage nach der Kunst weiter nachgegangen, die mich in Unternehmen geführt hat. Da sind die meisten Menschen tätig, da wirken sie und wirken zusammen, da entsteht das meiste von dem, was uns umgibt und prägt. Das ist Kultur bildend. Da müsste die Kunst sein. Was ist Kunst in der Wirtschaft? Ich habe mit anderen das Unternehmen Wirtschaft und Kunst gegründet und bin bei meinen Projekten auch mit dem Unternehmer Daniel Häni in Basel in Kontakt gekommen. Wir haben zusammen Anfang 2006 die Initiative Grundeinkommen in der Schweiz begründet. Seitdem bin ich für diese Idee tätig. Voraussichtlich im Herbst 2016 wird die Bevölkerung in der Schweiz über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in einer Volksabstimmung abstimmen.

Wenn ich vortrage, ist es sonst nie so, dass ich vom Blatt ablese. Ich bin gerne im Moment und finde die Gedanken, die ich zur Sprache bringe, erst im dem Moment vor den Menschen. Jetzt lese ich aber mein Referat ab, weil ich es schon vor einiger Zeit geschrieben habe, damit Zeit für die Übersetzungsarbeit ist. Jetzt muss ich mich also auch an den Text halten, den ich geschrieben habe. Denn der ist nun übersetzt. – Andere Sprachen sind andere Kulturen.

Was jetzt also gerade konkret passiert, dass ist ein Übersetzungsgeschehen. Ich habe meine Gedanken und Erfahrungen in Sprache übersetzt, in meine Sprache. Das ist ja auch schon ein Übersetzungsvorgang, etwas in Sätze und Worte zu bringen. Die Dolmetscher haben versucht, diese Gedanken aus meiner Sprache heraus für sich zu verstehen und sie in einer anderen Sprache neu auszuformulieren. Und Sie versuchen jetzt gerade, aus der Sprache, die Sie hören, die Gedanken für sich selbst zu verstehen.Von Unsichtbar zu Unsichtbar.

Sprachen kann man eigentlich nicht übersetzen. Man kann einen Gedanken verstehen in der einen Sprache und ihn in einer anderen Sprache neu erfinden, neu empfinden und in einem anderen Bewegungszusammenhang wie in einem anderen Tanz und Klang neu ausformen. Ein anderes Schmecken in Bildern aus anderen kulturellen Wurzeln. So ist das auch mit der einen gleichen Idee des bedingungslosen Grundeinkommens in verschiedenen Kulturen.

Das bedingungslose am Grundeinkommen nimmt einem die Verantwortung nicht durch fremde Vorgaben ab. Es wirft einen auf sich selbst zurück.

Gedanken können übersetzt werden. Nicht die Sprache. Der Gedanke kann übersetzt werden, das heißt, ihn schöpferisch und individuell aus eigenem Verstehen in Sprache zu gestalten. Um diese persönliche Verantwortung kommt man nicht herum beim Übersetzen. Auch nicht beim Verstehen. Damit bin ich wieder beim Grundeinkommen. Das führt mitten in die Verantwortung hinein, die einem keiner abnehmen kann. Es geht immer über den Menschen, und der bin ich. Also, jeder. Jeder ist immer und in allem schöpferisch gestalterisch tätig und individuell verantwortlich. Das Bedingungslose am Grundeinkommen nimmt einem die Verantwortung nicht durch fremde Vorgaben ab. Es wirft einen auf sich selbst zurück. Das gilt auch schon für die Art, wie man mit dem Gedanken des Grundeinkommens umgeht. Daran erlebt man auch sich selbst. Das Bedingungslose nimmt die Stützen der Konvention weg. Es ist vom ersten Moment an eigene Leistung. Es nimmt die fertigen Schablonen weg, in denen man sich nur eine Nische zum Überleben suchen kann. Denn es sagt: lebe! Es ist ein Brennglas auf das, was ich selber mache, wie ich es mache, was ich aus mir selber mache. Es attackiert die Bequemlichkeit. Das beginnt beim Verstehen. Es denkt sich nicht von selbst.

Wenn Sie um sich schauen, in die Welt schauen, was Menschen so machen und gestalten, die Möbel, der Umgang mit Tieren, soziale Strukturen, Unternehmensstrukturen, die Architektur, das Straßenbild, dann erleben Sie überall auch den moralischen Willen, der sich darin ausdrückt. Das ist vielleicht eine künstlerische Wahrnehmung. Die hat aber jeder. Was da den Eindruck macht, den ästhetischen Eindruck – und alles macht einen ästhetisch moralischen Eindruck, auch Politik, auch der Umgang mit der Natur – darin ist immer der moralische Wille zu empfinden, der hinter der Gestaltung steht und sich in ihr ausdrückt und der durch sie wirkt, der auf Menschen bildend wirkt. Es geht mir dabei nicht um eine Bewertung, was moralisch oder unmoralisch wäre, sondern um das Bemerken, dass nichts ohne Wirkung ist, dass die Wirkung immer kündet von dem, was dahinter steht, und dass nichts ohne Verantwortung sein kann. Ich erwähne das, weil es neben den funktionalen Sichtweisen, in denen alles schnell festgetreten ist und nicht angeschaut wird, auch noch andere Sichtweisen gibt, in denen die Welt anders erfahren wird. Ich erwähne das, weil ich die vielen Arbeiten und Aufgaben gar nicht aufzählen kann, die anstehen und doch liegen bleiben, weil an bezahlten Arbeitsplätzen festgehalten wird. Was uns die Technik abnimmt, das ist eben nicht die menschliche Arbeit. Die wird dadurch nur freier gestellt. Die nimmt zu. Der technische Fortschritt ist nicht der Fortschritt der Menschheit. Der technische Fortschritt ist nur eine Voraussetzung. Und eine Herausforderung. Der Fortschritt der Menschheit ist erst, was wir als Menschen daraus machen. Das bedingungslose Grundeinkommen ist für mich wie die Basis der zukünftigen Leistungsgesellschaft. Da ändert sich, was man als Leistung ansieht. Und da ändert sich, was als Arbeit in Erscheinung tritt. Das Grundeinkommen richtet sich nicht auf bestimmte Umstände, sondern auf den Menschen und erst vom Menschen aus individualisiert auf dem Boden seiner Initiative auf alles. Ich erwähne das, um den Gedanken des bedingungslosen Grundeinkommens etwas aus den Umständen zu lösen, in denen man ein Grundeinkommen vielleicht schnell als sinnvoll sieht, wo man dann aber auch schnell mehr die Umstände sieht als den Gedanken des Grundeinkommens. Der bezieht sich allein auf den Menschen. Der Gedanke muss immer neu übersetzt werden.

Übersetzen ist etwas Gestaltendes. Das Verstehen ist etwas Schöpferisches.
Das ist das, was jetzt gerade stattfindet. Ich wollte mit dem Nahelegenden beginnen.

Jeder ist eine Sprache, jeder ist eine persönliche Kultur. Auch was ich zum Grundeinkommen sage ist meine persönliche Kultur. So ist es bei jedem.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist nicht für die Reichen. Nicht gegen die Reichen. Nicht für Alleinerziehende. Nicht für die Armen. Es ist nicht für die unbezahlte Arbeit. Es ist nicht gegen Erwerbsarbeit. Es ist nicht für die Guten. Es ist nicht gerecht. Es meint keine Umverteilung. Es ist nicht unbedingt mehr Geld in der Tasche. Es ist sowieso als erstes nicht Geld. Es ist für kein Attribut, für keinen Status, für keine spezielle Situation. Es ist keine Bezahlung und keine Lösung. Es ist das Recht auf Leben. Es heißt willkommen und wirft einen auf sich selbst zurück. Das ermöglicht mehr Lösungen durch die Menschen.

Jeder ist wie eine Idee von sich selbst. Damit die klarer wird, damit die sich entwickelt, zur Sprache kommt, für andere wirkt und Neues hinzukommt, darum lebt man. Das bedeutet auch: Es gibt so viel Arbeit, wie es Menschen gibt!
Und es gibt keine andere Arbeit als die eigene. Wenn ein Mensch etwas macht, ist es immer er, der es macht. Arbeit ist etwas Intimes. Man kann sie nicht bezahlen. Denn Bezahlen drückt ein Eigentumsverhältnis aus. Und Eigentum an Menschen ist nicht möglich.

Aber ein Einkommen braucht jeder.

Irgendwann rollt sich das Buch des Lebens auch wieder ein. Dann braucht man kein Einkommen mehr. Aber so lange man lebt, braucht jeder eins. Das sollte anerkannt werden. Und nicht der Mensch als Funktion, sondern der Mensch selbst sollte anerkannt werden. Nur der Mensch kann was. Die Funktion kann nichts.
Das bedingungslose Grundeinkommen bringt den Menschen ins Bewusstsein. Dagegen steht die Angst vor dem Menschen. Dagegen steht auch die Bequemlichkeit. Ein Sprichwort sagt: „Wer will, der findet Wege, wer nicht will, der findet Gründe.“

Schon für das Verstehen des bedingungslosen Grundeinkommens braucht es den einen eigenen Schritt in Freiheit. Sonst bleibt es bei Konventionen. Wie auch immer jemand mit dem Gedanken umgeht, er ist selbst verantwortlich. Es sind nicht die Umstände, die zwingen.
Was auch immer jemand tut, wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, er ist selbst verantwortlich. Auf diesem Boden wird alles Handeln zur eigenen Initiative.

Da ist das Individuelle. Das ist die persönliche Verantwortung für alles.

Das Grundeinkommen richtet sich alleine auf den Menschen und auf sonst nichts.

Das Soziale ist das Vertrauen zum Anderen. Das Zutrauen, das man sich in der Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens gegenseitig zuspricht. Es ist nicht das Fixieren, was der andere erfüllen muss, damit ich ihm vertraue. Sondern das Vertrauen geht auf das Menschsein des anderen. Entwicklung geschieht aus dem Unvorhersehbaren.

Damit wollte ich mein Referat beginnen. Ich wollte dieses Gemeinsame herausstreichen an der Idee, das Bereichernde der unterschiedlichen Kulturen, und dass das Grundeinkommen sich alleine auf den Menschen richtet und auf sonst nichts.

Wie sieht es nun in der Schweiz aus?

In der Schweiz – sieht es vor allem ganz schön aus. Viele Berge, schöne Seen. In der Schweiz leben 8 Millionen Menschen. Davon lebt jeder achte in relativer Armut. Auf der anderen Seite verfügt jeder achte Haushalt in der Schweiz über ein investierbares Vermögen von mehr als 1 Million Franken. Jede achte Person lebt in solch einem Haushalt. Das Durchschnittseinkommen liegt in der Schweiz bei 7 Tausend Franken im Monat. Ein Schweizer Franken sind umgerechnet etwa 1.100 Südkoreanische Won. Für das Grundeinkommen in der Schweiz schlagen wir als Beispiel 2.500 Franken im Monat vor für Erwachsene und 625 Franken für Minderjährige. In der Schweiz kostet eine Tasse Kaffee oder Tee etwa 5 Franken im einem Cafe. Ein einfaches Essen im Restaurant kostet etwa 25 Franken. Ohne Getränke. Eine Zweizimmerwohnung kostet um die 1.000 Franken Miete. Über einen Mindestlohn hat die Bevölkerung in der Schweiz im letzten Jahr abgestimmt. Er sollte 4.000 Franken im Monat betragen. Die Bevölkerung stimmte mehrheitlich dagegen. Den meisten Schweizern geht es finanziell gut. Arbeitslosigkeit gibt es kaum. Im Unterschied zu allen Nachbarländern hat die Schweiz seit 170 Jahren keinen Krieg mehr erlebt. Seit 120 Jahren hat die Schweiz die Direkte Demokratie in heutiger Form. Direkte Demokratie heißt, dass die Bevölkerung über politische Fragen direkt abstimmt. Also nicht über den Umweg von Wahlen von Parteien oder Präsidenten. Erst seit 40 Jahren haben auch die Frauen das Stimmrecht. Direkte Demokratie ist langsam. Aber sie ist nachhaltig. In der Schweiz werden vier verschiedene Sprachen gesprochen. Französisch, Schweizer-Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch. Das sind auch vier Kulturen. Nicht jeder in der Schweiz versteht eine der anderen Sprachen. Trotzdem hält das Ganze zusammen.
Ich denke, es hält deshalb zusammen, weil man sich gegenseitig die Freiheit gewährt.

Jeder in der Schweiz kann einen Vorschlag zu einer Gesetzesänderung machen. Jede Person. Das ist das Initiativrecht. Wenn eine Mehrheit in der Bevölkerung dafür ist, wird er Vorschlag umgesetzt. Die Bevölkerung kann jederzeit politisch eingreifen und bestimmen. Dadurch ist Demokratie ein allgemeiner Prozess. Eine Abstimmung ist nicht nur eine Entscheidung, sondern vor allem ist sie ein Austausch unter den Menschen. Man hört, was andere Denken. Man sieht, dass man nicht alleine ist mit seiner Meinung. Oder doch. Eine Frage wird vertieft, Einsichten entstehen und Überzeugungen ändern sich. Die eigene Stimme wird nicht abgegeben an eine Partei oder an einen Präsidenten, sondern die eigene Stimme ist unmittelbar wirksam. Eine Volksinitiative ist etwas anderes als eine Meinungsumfrage oder als eine Petition. Petitionen sind Bittstellungen. Damit können die Politiker machen, was sie wollen. In der Volksinitiative und Volksabstimmung spricht der Souverän. Das ist rechtsverbindlich. Der Souverän sind die Bürgerinnen und Bürger.

Im April 2012 haben wir die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen gestartet. Von dem Tag an hatten wir 18 Monate Zeit, um mindestens 100.000 Unterschriften für unsere Initiative zu sammeln. Wenn 100.000 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger die Initiative unterschreiben, dann ist sie eine erfolgreiche Volksinitiative und führt zur Volksabstimmung. Wir haben insgesamt 148.000 Unterschriften gesammelt, von denen 126.000 gültig waren. Im Oktober 2013 haben wir die gültigen Unterschriften in der Bundeskanzlei in Bern eingereicht. Zur Einreichung der Unterschriften war ich mit zwei Mitgliedern des Initiativkomitees beim Bundeskanzler eingeladen. Er wollte wissen, ob alles zu unserer Zufriedenheit verlaufen sei, ob die Ämter die Beglaubigungen der Unterschriften reibungslos ausgeführt hätten, ob etwas zu verbessern wäre. Er wollte wissen, ob die Organe der Demokratie uns gut gedient haben. Die Idee des Grundeinkommens fand er gar nicht gut. Das sei eine staatliche Subvention für die privaten Unternehmen, sagte er, weil die Unternehmen dann geringere Löhne zahlen können, wenn jeder ein Grundeinkommen hat. Aber darum ging es ihm nicht, sondern ihm ging es um das Funktionieren der Demokratie. Ich erwähne das, weil das die Haltung der direkten Demokratie gegenüber ist in der Schweiz. Man kann den anderen für einen Vollidioten halten und seinen Vorschlag für absurd, aber er hat das Recht, seinen Vorschlag zur Abstimmung zu bringen. Und wenn die Mehrheit dafür ist, wird es so.

Nachdem wir die Unterschriften eingereicht hatten, hat die Regierung vier Ministerien damit beauftragt, zu untersuchen, welche Folgen ein bedingungsloses Grundeinkommen haben würde und wie es zu finanzieren sei. Eines der Ministerien hat uns eingeladen, damit sie besser verstehen, wie wir ein bedingungsloses Grundeinkommen denken, und um Berechnungen zur Finanzierung zu vergleichen. Das war also ein kooperatives Vorgehen. Aufgrund der Studie der Ministerien, die zu dem Ergebnis kam, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Wirtschaft ruiniert, die Erwerbsarbeiter frustriert und die Gesellschaft in den Abgrund reißt, hat der Bundesrat – das ist das Regierungsgremium – eine Botschaft verfasst, in der die Regierung die Initiative ablehnt und das Parlament auffordert, die Bevölkerung vor den katastrophalen Folgen eines solchen Grundeinkommens zu warnen.

Im Ausland haben daraufhin viele geglaubt, nun sei die Initiative gestorben. Weil der Bundesrat sie ablehnt. Aber der Bundesrat hat nur verantwortlich gehandelt und gesagt, was seine Haltung ist. Das ändert nichts daran, dass die Bevölkerung aus eigener Anschauung frei darüber abstimmt. Wenn eine Mehrheit für die Einführung eines Grundeinkommens stimmt, dann ist die Regierung dazu beauftragt, es einzuführen. Das heißt, es wird immer ernst gemacht mit dem, was aus der Bevölkerung kommt.

Im übrigen Europa kann ich sehen, wie die Demokratie abgebaut wurde.

Im übrigen Europa kann ich sehen, wie die Demokratie abgebaut wurde. Abbau der Demokratie geht einher mit Abbau des Sozialen und Entmenschlichung der Arbeit, mit der Entrechtung der Menschen. Das Schweigen der Vernunft führt zum Krieg. Die Menschen werden nicht gefragt sondern bombardiert. Bombardiert auch mit entstellten Anschauungen.

Demokratie und bedingungsloses Grundeinkommen sind für mich dieselbe Idee. Was ist der Gedanke der Demokratie? Dass die Bevölkerung den Staat bestimmt. Dass jeder Einzelne verantwortlich für das Ganze mitentscheiden kann. Dass die Lebenserfahrung von jedem gefragt ist und die Intelligenz aller gebraucht wird. Die Demokratie fokussiert die Souveränität jedes Einzelnen als Quelle des Gemeinwohls. Das bedingungslose Grundeinkommen tut das gleiche. Es traut jedem zu, sein Leben selbst zu führen und selbst entscheiden zu können, wofür er sich einsetzt. Wohin er seine Liebe wendet. Und woran er sie entwickelt. Es traut jedem zu, aus eigener Einsicht zu handeln. Das heißt, aus seiner Freiheit. Aus seiner Freiheit heißt, in seiner Verantwortung.

Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist für mich ein geschichtlicher Vorgang wie die Einführung der Demokratie,…

Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist für mich ein geschichtlicher Vorgang wie die Einführung der Demokratie, der Menschenrechte, und wie die Abschaffung der Sklaverei. Es sind nur verschiedene Formulierungen der gleichen Idee. Es sind verschiedene Sprachen der gleichen Idee. Es ist die gleiche Idee in verschiedenen Zeiten. Es ist die gleiche Idee unter anderen Umständen. Es ist derselbe Entwicklungsstrom. Das bedingungslose Grundeinkommen frischt auf, was in diesem Entwicklungsstrom liegt.

Institutionen verdunkeln sich mit der Zeit, wenn sie nicht immer wieder mit der Wirklichkeit jetzt in Berührung kommen und neu angeschaut werden. Das ist bei Unternehmen so, das ist in Beziehungen so, das ist bei politischen Einrichtungen so. Sie verdunkeln sich, wenn sie nur aus früheren Errungenschaften weiterlaufen. Die Errungenschaft von Gestern kann zur Blockade für das Heute werden. Sie erhält sich selbst und zieht in die Vergangenheit. Demokratie sackt in den Feudalismus ab und Menschenrechte gibt es nur auf dem Papier. Einer der Begründer der Menschenrechte, Thomas Pain, sprach schon um das Jahr 1790 herum davon, dass die Menschenrechte Makulatur seien, also bloße Buchstaben auf dem Papier ohne Wirkung, wenn die Menschen nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen haben. Denn wenn die Menschen existentiell von anderen abhängig sind, können sie im realen Leben von ihren Rechten nicht wirklich Gebrauch machen.
Und die Sklaverei? Wenn die nicht dauernd abgeschafft wird, jeden Tag wieder, ist sie nicht abgeschafft. Die heutige Form der Sklaverei ist die Verschuldung. Und im Prinzip ist auch das kaufen von Arbeitszeit Eigentum am anderen Menschen. Wenn auch nur für eine begrenzte Zeit. Und der Handel mit Unternehmen, wenn also Unternehmen wie Privatbesitz gekauft und verkauft werden, ist eine Form von Menschenhandel.

Die Argumente gegen die Einführung der Demokratie, gegen das Menschenrecht, gegen die Abschaffung der Sklaverei, waren genau die gleichen wie jetzt die Argumente gegen die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Die Leute damals waren nicht dümmer als wir heute. Sie konnten sich nur nicht vorstellen, was sie nicht gewohnt waren. Die Menschen in der Schweiz sind die Direkte Demokratie gewohnt. Dass können sich viele in anderen Ländern nicht vorstellen. Die Leute in den Dörfern in Indien, wo Guy Standung sein Pilotprojekt durchgeführt hat, können sich ein bedingungsloses Grundeinkommen vorstellen. Aber die meisten in der Schweiz noch nicht.

Wir lassen in unserer Initiative in der Schweiz für das bedingungslose Grundeinkommen vieles offen. Wir verkaufen kein fertiges Modell, in das andere dann hineinkrabbeln müssen. Wir legen nicht fest, wie hoch ein Grundeinkommen ist und nicht wie es zu finanzieren sei. Das kann Gegenstand weiterer Abstimmungen sein. Zunächst geht es darum, ob eine Mehrheit in die Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens gehen will. Es ist eine Richtungsentscheidung, keine Entscheidung für ein fertiges Haus. Das Grundeinkommen ist für alle, betriff alle, und auch die Einführung ist eine Sache aller. Wenn ich nicht aufs Meer fahren will, muss ich mir nicht überlegen, wie ich ein Schiff baue. Wenn ich ein Grundeinkommen nicht will, dann ist es auch nicht zu finanzieren. Dann finde ich Gründe, nicht Lösungen. Und dass ein Grundeinkommen zu finanzieren ist, ist noch kein Grund, es einzuführen. Man kann in die Illusion kommen, dass man das Ende einer Geschichte vorwegnehmen müsste, damit sich andere auf den Weg dorthin machen. Dass man also schon genau festlegt, wie es dann aussieht, wenn ein Grundeinkommen eingeführt ist, damit andere meinen, dass man also da ganz sicher ankäme. Aber wenn etwas lebendig ist, wie die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens, dann kann ich mich darauf einlassen ohne genau wissen zu müssen, wie das Ende später einmal aussieht. Es ist viel wichtiger, das Lebendige zu erleben. Wenn ich das Ergebnis vorwegnehmen will, ist der Weg dahin schon tot. Das Ankommen kann nicht schon vorher da sein, wenn etwas Neues in die Welt kommen soll. Wenn etwas lebt, ist die Zukunft in der Gegenwart. So ist es für mich bei der Idee des Grundeinkommens. In jedem Detail ist das Ganze. Ich kann nicht festlegen, was da ist, wo ich nicht bin. Ich kann nicht so tun, als könnte ich ein Ankommen sicher machen. Ich kann nur aus mir heraus sicher sein. Und von mir heraus aufstehen und losgehen, dann bildet sich die Brücke zum anderen Ufer. Mit dem Gehen bildet sich der Weg. Mit dem Weg bildet sich das Ankommen. Mit der Einführung des Grundeinkommens werden sich viele Parameter ändern, viele Wirkungszusammenhänge, sodass keine Berechnung solide ist, die jetzt die Zahlen einer Finanzierung und das Verhalten der Menschen ganz genau voraussagen will. Wenn ich mir jetzt die Formen einer Zukunft ausdenke, und in den Formen ankommen will, dann kann ich nur in der Vergangenheit ankommen. Denn was ich mir jetzt an Formen denken kann, ist aus den Vorstellungen jetzt. Bin ich aber an der Idee, nicht an einem fixierten Model, dann kommen Blatt um Blatt und schließlich auch die Blüte. Dann spricht sich die Idee lebendig in die Zukunft weiter aus.

Wir lassen manches offen, damit jeder seinen eigenen Zugang finden kann. Das Grundeinkommen ist eine Sache aller. Wir stellen uns nur zur Verfügung, um die Idee zu vermitteln, damit andere selber Fragen haben und nach vorne schauen. Das Sammeln der Unterschriften war eine Dienstleistung. Wir gingen auf die Straßen, auf die Plätze und sprachen die Leute an. Wir boten ihnen an, eine Veränderung anzustoßen. Durch das Sammeln der Unterschriften haben wir rund eine Million Menschen für einen Moment mit dieser Idee zusammengebracht. Für einen Moment hatten sie die Entscheidung in ihrer Hand. Kurz war sie ihnen ganz nah. Von Mensch zu Mensch. Das braucht auch Überwindung, auf die Straße zu gehen und Leute anzusprechen. Dafür ist schon etwas von der Art Initiative nötig, die ein bedingungsloses Grundeinkommen meint.

Ich möchte ein paar Punkte nennen, die ich beim Unterschriftensammeln gelernt habe.

Ein Punkt ist: Diskussionen über das Grundeinkommen sind nur fruchtbar, wenn jemand einen Punkt hat, der ihn selbst am Grundeinkommen interessiert. Ob er dafür ist oder dagegen, das ist egal. Aber es muss etwas sein, worin er selbst ist. Abstrakte Spekulationen über andere sind Zeitvergeudung. Es gibt unendlich viel zu tun für das Grundeinkommen. Also nicht sich verzetteln. Die einfache Regel ist: um so mehr Menschen vom Grundeinkommen hören, um so mehr können dafür sein. Unsere Aufgabe ist es, möglichst vielen Menschen die Idee zum Erleben zu bringen. Aber nicht wir sind die Idee, sondern wir bringen ihr etwas entgegen. Nicht sich selbst verwechseln mit der Idee, die man vertritt.

Der Inhalt, den man vertritt, ist oft weniger ausschlaggebend als die Art, wie man ihn vertritt.

Ein weiterer Punkt ist: Der Inhalt, den man vertritt, ist oft weniger ausschlaggebend als die Art, wie man ihn vertritt. Letztlich ist es Attraktivität, die Menschen bewegt. Ist das attraktiv, wie die Befürworter damit umgehen? Sind die selber in ihrer Art attraktiv? Zieht mich das an? Und: Fühle ich mich verstanden? Bei dem großen Film, den wir 2008 zum Grundeinkommen gemacht haben, ging es mir nicht in erster Linie darum, dass die Leute durch den Film das Grundeinkommen verstehen, sondern darum, dass die Leute sich von dem Film verstanden fühlen. Dass sie sich im Film verstehen. Denn das macht die Kraft. Lebensmut! Dass Menschen sich sagen: ich kann ja sein, wie ich bin! Was ich wirklich denke und empfinde ist ja gar nicht falsch. Ich habe immer gemeint, ich darf nicht sein, wie ich bin, aber jetzt sehe ich, dass geht ja doch und ist sogar ein Film. Das ist die Botschaft.

In der Schweiz helfen uns auch die krassen Gegner des Grundeinkommens. Denn wenn die in öffentlichen Auftritten polemisch und selbstgefällig das Grundeinkommen niedermachen, dann sagen sich andere, die vorher gar nicht für das Grundeinkommen waren: das ist aber hässlich. Wenn das die Gegner sind, dann will ich lieber zu den Befürwortern gehören. Wir bieten auch den Gegnern eine Plattform. Denn wenn ans Licht kommt, was sie gegen das Grundeinkommen haben, dann zeigt sich manchmal am besten die Irrationalität der Gegnerschaft. Aber nicht nur deshalb bieten wir auch Gegnern eine Plattform, sondern weil wir auch die Gegner wertschätzen. Das Grundeinkommen ist für alle, auch für die Gegner.

Ein weiterer Punkt: Alle Planung und Organisation, bei der wir planten, was andere tun sollen, war nutzlos. Da geschah nicht viel. Es hat keinen Zweck, wenn ich mir ausdenke, was andere tun sollen. Und es ist verführerisch, sich mit langwierigen Absprachen und Organisationsformen aufzuhalten und zu meinen, damit sei schon etwas getan. Damit ist nichts getan. Das ist oft nur die Ratlosigkeit, die in Organisationsformen eine Betätigung findet. Und schließlich streiten sich dort nur die Interessen. Wenn man eine Idee hat, muss man sie so gut finden, dass man selber sie macht. Sonst ist sie auch für andere nichts. Das hat viel mit dem bedingungslosen Grundeinkommen zu tun. Du kannst nicht andere verplanen. Es melden sich auch manchmal Menschen, die sagen, sie fänden die Sache mit dem Grundeinkommen gut und würden gerne mitmachen. Aber zum Mitmachen haben wir nicht viel. Man muss schon selber etwas machen. Aus dem eigenen Impuls. Wenn jemand etwas macht, dann kann sich das mit anderen verbinden. Dann kann das auch unterstützt werden. Aber nicht auf andere warten. Irgendeine Ampel ist immer rot.

Nach dem ersten halben Jahr der Unterschriftensammlung sah es nicht so gut aus für uns mit der Anzahl gesammelter Unterschriften. Aber dann traten ein paar junge Leute auf, die nannten sich Generation Grundeinkommen. Die machten das Unterschriftensammeln zum Ereignis und zu einem sportlichen Wettbewerb. Das ging unter anderen von Pola Rapatt aus. Sie ist Bewegungskünstlerin, Eurythmistin. Sie konnte eine Stimmung erzeugen, die ich als Lebensteppich empfunden habe. Den hat man gerne betreten, ist gerne dazugekommen, hat sich ausprobiert und ist zur eigenen Kraft gekommen. Da als Bewegung entstand etwas Ganzes. Also etwas Lebendiges. Man traf sich zum Unterschriftensammeln, schwärmte in Teams aus in die Stadt, traf sich später wieder und zählte die Unterschriften aus. Das Team, das die meisten Unterschriften gesammelt hatte, wurde Tagessieger. Das wurde gefeiert. Das war Spaß, ein bisschen Abenteuer und Erfolge, die zählen. Das waren greifbare Ziele, selbst gestellte Ziele. Ein Weg aus Erfolgen. Kein sich dahin schleppen für ferne Vorgaben.
Da ist für mich erlebbar gewesen, dass der Weg zum Grundeinkommen – in diesem Fall das Sammeln der Unterschriften – mit dem Geist des Grundeinkommens in Übereinstimmung stehen muss. Die Methode, die zum Grundeinkommen führt, muss dem Charakter des Grundeinkommens entsprechen. Um in der Methode Grundeinkommen anzukommen, muss man in der Methode Grundeinkommen vorgehen. Es gibt nicht eine Teilung der Wirklichkeit.

Es ist nicht jedes Mittel recht. Mit jeder Art des Vorgehens kommt man nur da hin, wo das Vorgehen in seiner Art schon ist. Eine Methode kann nichts schaffen, was sie nicht selbst ist.

Grundeinkommen ist ein Schritt hin zur Demokratisierung des Geldes.

Ich sage das auch im Hinblick auf manche, die für ein bedingungsloses Grundeinkommen sind, aber dabei auf die Politiker schimpfen, gegen die Reichen und den Kapitalismus und sofort ein Grundeinkommen umgesetzt haben wollen, egal, wie. Das ist kein Weg zum Grundeinkommen. Das geht es nur zu mehr Selbstgerechtigkeit und Hass auf Kosten anderer. Das ist die Schwäche, sich nur in der Verurteilung anderer selbst empfinden zu können. Dass man sich von dem, wogegen man ist, abhängig macht in dem, wofür man ist. Man kommt mit einer Methode aber nur da an, wo die Methode schon ist. Worauf man seine Aufmerksamkeit richtet, das stärkt man. Mit dem Blick auf die Reichen gibt man ihnen auch die eigene Kraft. Dann werden die Reichen immer reicher. Wenn man die Armut fixiert, wenn es immer um die Armut geht, dann bleibt sie. Das ist für mich beim Grundeinkommen entscheidend. Es ist nicht gegen etwas, es ist nur für etwas. Es ist nicht zur Vertiefung alter Grabenkriege. Es ist ein demokratisch abgestimmtes Einkommen. Es ist ein Schritt hin zur Demokratisierung des Geldes. Denn Geld ist ein Rechtsmittel, kein Wirtschaftserzeugnis.

Beim Unterschriftensammeln sind wir zu einem unternehmerischen Vorgehen gekommen. Zum Beispiel, nicht sagen, in 10 Monaten müssen noch 60.000 Unterschriften gesammelt werden, weil dann der Abgabetermin ist. Sondern: 100 Sammler sammeln jetzt jeder 100 Unterschriften bis zum Ende des Monats. Also: klare Form! Begrenzte Zahl. Das schafft einen Sog. Sog ist das Geheimnis des gelingenden Unternehmens. Nicht Druck. Jeder, der mitmacht, ist mit einem schönen Foto von sich auf dem Plakat und im Internet. Also: Wertschätzung, Sichtbarkeit, Schönheit. Jeder sammelt 100 Unterschriften in einem Monat. Und dann wird im besten Hotel der Stadt im größten Festsaal gefeiert. Alle sind eingeladen. Also: Großzügigkeit. Wir machen Kultur. Wir sind uns das wert. Es wurde etwas Besonderes, Unterschriftensammler zu sein. Es gab regelrechte Heldinnen und Helden, die unglaublich viele Unterschriften sammeln konnten. Das heißt also: Gemeinsame Ziele, jeder ist gleich Wert und Freude an Differenzierung durch Leistung. Das ist für mich eine Unternehmensart und Grundeinkommens-Art.

Jetzt möchte ich nicht einen falschen Eindruck vermitteln, was die Situation für das Grundeinkommen in der Schweiz angeht. Unsere Aktion der Geldausschüttung bei der Einreichung der Unterschriften ist zwar als Bild um die Welt gegangen, und auch in den Schweizer Medien wurde das Grundeinkommen viel besprochen. Aber längst nicht jeder in der Schweiz hat davon etwas mitbekommen. Viele haben noch nichts vom Grundeinkommen gehört. Und für viele ist das nur eine Spinnerei von Leuten, die nicht arbeiten wollen.

Wir wollen, dass eine Mehrheit bei der Volksabstimmung mit Ja stimmt. Aber schon wenn mehr als 30 % der abgegebenen Stimmen mit Ja stimmen, wäre das in meinen Augen ein Erfolg. Demokratie ist ein Prozess. Als vor vielen Jahren bei der Volksabstimmung zur Abschaffung der Armee in der Schweiz 36 % mit Ja stimmten, also ein gutes Drittel für die Abschaffung der Armee war, da war die Volksinitiative zwar gescheitert, die Mehrheit hatte Nein gestimmt, die Armee blieb, aber sie verlor an gesellschaftlichem Ansehen. Als die Regierung im letzten Jahr neue Kampfflugzeuge anschaffen wollte, kam es zur Volksabstimmung, und der Kauf der Kampfjets wurde mehrheitlich abgelehnt.

In der Schweiz geht es um die Einführung des Grundeinkommens in einem ganzen Land für alle Menschen und von der Mehrheit aller Menschen im Land gewollt. Es wird auch bei einem mehrheitlichen Ja bei der Abstimmung noch viele Jahre dauern, bis über verschiedene Stufen das Grundeinkommen irgendwann eingeführt ist.
Und dann? Dann wird es so normal sein, wie heute jemand in ein Flugzeug steigt und nach Süd-Korea fliegt, obwohl Menschen gar nicht fliegen können. Dann wird es sein wie mit all den großen Ideen und Utopien, die so groß aussahen, solange man sie vor Augen hatte. Wenn man sie unter den Füßen hat, wenn das Grundeinkommen Boden geworden ist, auf dem man lebt, wird es das Normalste von der Welt sein. Dann sieht man andere Aufgaben. Und darum muss das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt werden, damit man diese Aufgaben besser sieht und auch angehen kann. Das ist der Schlüssel, den ich im Grundeinkommen sehe. Das Grundeinkommen ermächtigt. Es ist eine bessere Ausrüstung. Es setzt die Menschen mehr in die Lage, das anzugehen, was sie in sich als brennend erleben, was sie erforschen wollen, verändern wollen, bewahren wollen. Das anzugehen, was überall in der Welt brennt. Es betrifft die, die wenig Geld haben, wie die, die wohlhabend sind. Es betrifft das Selbstverständnis des Menschen. Der Mensch ist in verschiedenen Gesellschaftsschichten nur aus verschiedenen Gründen verschüttet. Das bedingungslose Grundeinkommen ist keine zwingende Logik der Umstände, sondern es ist die öffnende Logik des Menschen.

Bei der Volksabstimmung in der Schweiz geht es nicht um ein befristet Projekt für einige, sondern um die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens in einem Land für alle. In einer Demokratie gehört es dazu, dass alle an der Finanzierung dessen teilnehmen, was mehrheitlich beschlossen wurde. Es sollte niemand davon ausgeschlossen werden. Die Steuer ist nichts anderes, als dass wir bezahlen, was wir gemeinschaftlich dem Staat auftragen. In der Demokratie muss die Steuer transparent sein.
Ich möchte jetzt auf die Finanzierung zu sprechen kommen, weil sie, genauso wie das bedingungslose Grundeinkommen, für mich mit einem Entdecken von Vorgängen zu tun hat, die längst da sind, die aber verschleiert sind. Und die, wenn man sie unbefangen anschaut, von sich aus zum bedingungslosen Grundeinkommen führen. Auf all die Verzweigungen und Zusammenhängen der Finanzierung kann ich jetzt nicht eingehen. Ich möchte nur etwas zu den Grundlagen sagen und zur Finanzmechanik. Dazu drei Verständnispunkte.

1. Was sind Steuern?

Mit den Steuern bezahlen wir die Tätigkeiten, mit denen wir den Staat beauftragen. Steuern zu zahlen ist demokratische Teilnahme. Mit den Steuern zahlen wir die Einkommen derer, die im öffentlichen Auftrag tätig sind. Zum Beispiel Angestellte an staatlichen Hochschulen oder Arbeiter im öffentlichen Straßenbau. Die erhalten ein Einkommen über den Staat. Mit Steuern zahlen wir die Einkommen, die der Staat auszahlt. Das sind Arbeitseinkommen, das sind auch Kapitaleinkommen, und das sind staatliche Transfereinkommen wie zum Beispiel Renten oder andere Sozialleistungen. Steuern sind der Preis für Einkommen, die im demokratischen Auftrag ausgezahlt werden. Wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen ausgezahlt wird, dann ist das auch ein Einkommen, das im demokratischen Auftrag ausgezahlt wird.

Also, noch mal: Steuern sind Einkommen für andere. Mit den Steuern bezahlen wir, was wir dem Staat an Aufgaben übertragen haben. Der Staat sind wir selber. Der Staat ist keine fremde Macht. Was wir mit Steuern bezahlen, davon profitieren wir als Gemeinschaft.

2. Wo zahlen wir die Steuern?

Steuern werden auf Einkommen erhoben, auf Gewinn, Vermögen und manches andere. Aber woher kommt das Geld, das als Steuer abgeführt werden kann? Das kommt aus den Preisen der Produkte und Dienstleistungen, die wir als Kunde zahlen. Wir alle sind Kunden, sind Verbraucher. Niemand kann sich heute selbst versorgen. In unserer Arbeit tun wir etwas für andere. Wir leben von dem, was andere für uns tun. Wirtschaft ist das Soziale.Wir alle zahlen in den Preisen auch die Steuern, die von Unternehmen und von ihren Angestellten und Zulieferern an den Staat weitergegeben werden. Die Steuern werden an verschiedenen Stellen erhoben, aber sie sind alle zusammen in den Preisen.
Unternehmen führen Steuern ab. Aber selbstverständlich rechnen sie die Steuern vorher in die Preise ein, die der Kunde zahlen muss. Woher sollte sonst das Geld kommen, von dem sie Steuern an den Staat abgeben könnten?
Angestellte und Selbständige führen Einkommenssteuern ab. Aber das Geld, das sie als Einkommenssteuer abführen, das müssen sie erst mal bekommen. Das bekommen sie aus den Preisen der Produkte, die sie verkaufen oder die die Firma verkauft, in der sie mitarbeiten. Das Geld kommt von den Verbrauchern.
Rohstoffkosten, Ressourcensteuer, Finanztransaktionssteuer, alles wird erst Geld, wenn der Verbraucher zahlt. Alle Steuern im Geschäftsbereich sind Betriebskosten und werden in die Preise für die Verbraucher weitergegeben.

Sachlich betrachtet ziehen hohe Einkommen und hohe Steuern mehr Geld aus den Taschen der Kunden. Faktisch zahlen wir als Konsumenten alle Steuern. Auch der Bettler zahlt Steuern, wenn er sich etwas zu essen kauft.

Noch einmal. Alle Steuern kommen in den Preisen zusammen, die wir als Konsument zahlen. Da ist ihr Platz. Wer viele Leistungen anderer für sich verbraucht, wer also viel und teuer einkauft, der trägt in seinen Ausgaben auch viel zu den Steuern bei. Wer wenig Geld ausgibt, wer wenig Leistungen anderer für sich in Anspruch nimmt, der trägt wenig zu den Steuern bei. Die Steuern sind ein Anteil in den Preisen für den Konsumenten.

3. Was sind Preise?

Der Fisch, den Sie auf dem Markt kaufen, kostet nichts. Der Fisch braucht kein Geld. Er könnte mit Geld auch nichts anfangen. Der Fisch braucht kein Einkommen. Denn der Fisch versorgt sich selbst. Was Geld kostet, kostet Geld für Menschen. Weil Menschen ein Einkommen brauchen. Weil Menschen sich heute nicht mehr selbst versorgen können. Was der Fisch kostet sind die Einkommen derer, die dafür gesorgt haben, dass Sie ihn auf dem Markt kaufen können. Das Auto, dass sie kaufen, dieses Ding, das kostet nichts. Der Preis zum Beispiel eines Kugelschreibers setzt sich zusammen aus Einkommen von Menschen auf der ganzen Welt. Das sind Einkommen derer, die Rohstoffe gefördert haben, die Maschinen entworfen und gebaut haben, um die Rohstoffe zu fördern und um sie zu transportieren, das sind Einkommen derer, die Kapital zur Verfügung gestellt haben, die Produktionsräume vermietet haben, die Energie zur Verfügung gestellt haben, die Teile vorproduziert haben – bis hin zu dem, der ihnen das Produkt verkauft hat. Der Preis setzt sich aus Einkommen zusammen. Auch die Steuern sind für Einkommen. Öffentliche Schulen, Infrastruktur, Rechtssicherheit, das sind Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Wertschöpfung. Die sind in den Preisen mit enthalten. Ein Anteil der Wertschöpfung ist privatwirtschaftlich, ein Anteil ist staatlich. Im Preis zahlen wir beide.

Das sind drei Grundgedanken für die Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Erstens: Steuern sind für Einkommen.
Zweitens: Die Steuern sind in den Preisen, die wir als Verbraucher zahlen.
Drittens: Die Preise, die wir als Verbraucher zahlen, setzen sich aus Einkommen zusammen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist ein Einkommen. Einkommen werden in den Preisen bezahlt. Egal, wo eine Steuer oder Abgabe erhoben wird, sie landet in den Preisen.

Die Frage ist nun: Wo muss die Steuer erhoben werden, um nicht kontraproduktiv zum bedingungslosen Grundeinkommen zu wirken? Welche Steuer ist zeitgemäß und zukünftig? Welche Steuer ergänzt die Wirkung des Grundeinkommens? Welche ist kongenial und fair? Ich sagte vorhin, dass es auf den eigenen Impuls ankommt, dass jemand von sich aus etwas macht. Das gilt im übertragenen Sinne auch für die Finanzierungsart des Grundeinkommens. In welcher Steuer liegt etwas wie ein Impuls, der sich mit dem Grundeinkommen verbindet?

Und noch etwas ist bei der Steuer zu bedenken. Was wir besteuern, das legitimieren wir. Was wir besteuern, darauf bauen wir, das bestätigen wir als berechtigt und gut. Denn sonst würden wir die gemeinschaftlichen staatlichen Aufgaben nicht darauf bauen wollen. Wir sollten also nicht Raubüberfälle besteuern oder Betrug und Erpressung. Wir sollten nicht Menschenhandel besteuern. Denn damit würden wir als Gesellschaft sagen: darauf bauen wir, das soll so weitergehen. Was wir nicht gut finden, das sollten wir ändern, aber nicht besteuern.
Ich komme jetzt zu dem, was sich für mich als Finanzmechanik ergibt. Die Ausgangspunkte sind:

1. Das ausgezahlte Grundeinkommen wird ein Bestandteil in den Einkommen.
Die Menschen haben verschiedene Einkommen, aber ein Einkommen hat jeder, das ist das bedingungslose Grundeinkommen.
2. Die Finanzierung des Grundeinkommens wird ein Bestandteil in den Preisen. In den
Preisen zahlen wir Einkommen. In den Preisen zahlen wir auch die Grundeinkommen.
Das sind die beiden Ansatzpunkte für die Finanzmechanik.
1. Auf der einen Seite, auf der Seite der Einkommen, entlastet das Grundeinkommen alle anderen Einkommen von der Aufgabe der Existenzsicherung. Es entlastet alle anderen Einkommen im Prinzip um die Höhe des Grundeinkommens.
2. Auf der anderen Seite, auf der Seite der Preise, belastet die Finanzierung der Grundeinkommen die Preise mit der Summe aller Grundeinkommen.

Zwischen diesen beiden Punkten entsteht eine Bewegung, ein Ausgleich.
Der Ausgleich spielt sich in den bestehenden Einkommen ab.

Die bestehenden Einkommen können sinken, weil das Grundeinkommen die Aufgabe der Existenzsicherung übernommen hat. Die Arbeitseinkommen sind frei, das zu sein, was sie schon immer von sich behaupten: Sie können Anreiz sein, Wertschätzung, leistungsbezogen, statusbezogen, bedarfsgerecht, marktbezogen. Sie sind das, was jemand zu zahlen bereit ist. Auch der Staat zahlt weniger an Arbeitseinkommen aus an seine Angestellten in der öffentlichen Verwaltung, an die Soldaten, die Polizisten, die Politiker. Er muss also auch weniger Steuern dafür einnehmen. Er zahlt auch weniger an Sozialleistungen aus. Denn bis zur Höhe des Grundeinkommens werden die bisherigen Sozialleistungen überflüssig. Es müssen also auch weniger Sozialabgaben und weniger Steuern dafür erhoben werden. Die Steuern und Abgaben können sinken. Steuern und Abgaben sind für Unternehmen Kosten. Geringere Steuern sind geringere Kosten. Die Preise müssen weniger Kosten decken. Die Verbraucherpreise können sinken.

Ein Beispiel zu den Preisen.

Die konkreten Zahlen sind jetzt nicht so wichtig, sondern nur ein Blick auf das Prinzip. Ein Produkt kostet zum Beispiel 100.000 Won. Die Herstellungskosten des Produktes können durch das Grundeinkommen sinken. Es kostet nur noch 68.000 Won. Die Steuer für die Grundeinkommen macht zum Beispiel 50 % auf den Preis aus. 50 % von 68.000 sind 34.000.
68.000 plus 34.000 sind 102.000 Won. Vorher kostete das Produkt 100.000 Won. Der Preis für den Konsumenten ist annähernd gleich geblieben.
In manchen Branchen werden die Preise plus Grundeinkommenssteuer höher sein als heute, in manchen niedriger. Das hängt von der Höhe der Einkommen in einem Betrieb ab und von dem Anteil menschlicher Arbeit in der Wertschöpfung. Und von der Attraktivität der Arbeit.

Ein Beispiel zu den Einkommen.

Ich verdiene zum Beispiel 1.700.000 Won. Jetzt kommt das Grundeinkommen. Das sind zum Beispiel 800.000 Won. Es wird neue Lohnverhandlungen geben. Vielleicht einigen wir uns auf 900.000 Won für die Arbeit. Denn für meinen Lebensunterhalt ist schon gesorgt durch das Grundeinkommen. Und die Abgabe oder Steuer zur Finanzierung der Grundeinkommen fordert dazu heraus, die Kosten der Arbeit zu senken, damit die Preise für die Kunden nicht höher werden als zuvor. Es ist eine Sache des Wettbewerbs, die Produkte möglichst günstig anbieten zu können. Wer den größten Kostenvorteil durch das Grundeinkommen hat und ihn am schnellsten in die Preise weiter gibt, der hat einen Wettbewerbsvorteil.Wenn ich nur noch 900.000 Won für meine Arbeit bekommen, dann habe ich zusammen mit dem Grundeinkommen von 800.000 Won so viel wie vorher. Insgesamt 1.700.000 Won.
Wie diese Lohnverhandlungen wirklich ablaufen, das wird selbstverständlich von den Verhandlungspartnern abhängen, von den Menschen und der Situation. Zahlenbeispiele werfen immer Fragen auf. Es geht aber weniger um die Zahlen als um den Vorgang.

Was ist der Vorgang?

Das Grundeinkommen ist bedingungslos geworden. Es ist in den anderen Einkommen nicht mehr enthalten. Es ist nicht für alle mehr Geld, sondern es ist die Umwandlung des Grundeinkommens in die Bedingungslosigkeit. Ein Grundeinkommen hat auch heute schon jeder. Jeder hat auf die eine oder andere Weise ein Einkommen, das zumindest so hoch ist, dass er leben kann. Sonst könnte er nicht leben. Aber unter was für Bedingungen?
Das Grundeinkommen ist auf der einen Seite aus den bisherigen Einkommen heraus gegangen und auf der anderen Seite ist es in den Preisen hinzugekommen.
Was ich sage ist nicht ein Modell. Was ich sage ist das, was sich mir ergibt, wenn ich hinschaue, was voraussichtlich geschehen wird, wenn ein Grundeinkommen eingeführt wird.

Noch einmal ein Zahlenbeispiel.

Ich verdiene zum Beispiel nur 700.000 Won im Monat. Das Grundeinkommen sind 800.000 Won. Jetzt könnte ich auch zuhause bleiben und hätte sogar 100.000 Won mehr im Monat als vorher. Vielleicht mache ich jetzt etwas anderes. Vielleicht war die Arbeit aber auch gut. Es muss ja nicht das Geld sein, weswegen ich arbeite. Vielleicht bin ich mit 350.000 Won im Monat für die Arbeit auch zufrieden. Dann hätte ich zusammen mit dem Grundeinkommen 1.150.000 Won im Monat. Das sind 450.000 Won mehr als vorher. Wer heute wenig hat, der hat durch das Grundeinkommen eher mehr Geld zur Verfügung.
Was ist mit den heute schlecht bezahlten unbeliebten Arbeiten? Wenn die unverzichtbar sind, dann sind sie auch gesellschaftlich wertvoll. Wenn die nicht zu rationalisieren sind, nicht von Maschinen gemacht werden können, dann muss man sie mehr wertschätzten. Und relativ besser bezahlen. Dann muss man die Arbeitsverhältnisse attraktiver machen. Wenn man das nicht will, nun, dann muss man diese Arbeiten eben selber machen. Denn andere kann man dazu nicht mehr zwingen, wenn jeder ein Grundeinkommen hat.
Vorausgesetzt ist, dass das Grundeinkommen hoch genug ist, um davon zu leben.

Ein anderes Beispiel.

Ich verdiene 3.000.000 Won. Karriere gemacht. Davon mussten bisher auch meine Frau und unsere beiden Kinder leben. Jetzt hat jeder ein Grundeinkommen. Das Grundeinkommen für Minderjährige beträgt zum Beispiel 200.000 Won. Das für Erwachsene 800.000 Won. Wir als Familie haben mein Grundeinkommen, das meiner Frau und das der Kinder. Insgesamt sind das 2.000.000 Won. Bedingungslos. Aber mein hohes Arbeitseinkommen, das muss ja durch die Preise reinkommen. Auf den Preisen kommt die Grundeinkommensabgabe mit 50 %. Mein Arbeitseinkommen multipliziert sich im Preis mit 50 %. Deshalb vereinbaren wir, dass ich nur noch 1.800.000 Won für meine Arbeit bekomme. Also 1.200.000 Won weniger als zuvor. Als Familie haben wir trotzdem mehr als zuvor. Als Familie haben wir insgesamt 3.800.000 Won zur Verfügung. Vorher war es nur mein Arbeitseinkommen von 3.000.000 Won. Da alle Arbeitseinkommen neu verhandelt werden, stehe ich mit meinem neuen Arbeitseinkommen im Vergleich auch nicht schlecht da. Nur die Unterschiede zwischen in den Einkommenshöhen werden geringer. Mehr gleiche Augenhöhe. Mehr wirkliche Zusammenarbeit. Und da die Arbeit mein Weg ist, weil ich meine Fähigkeiten umsetzen will, mache ich sie auch weiter.

Wer viel verdient, bei dem werden in den neuen Lohnverhandlungen wahrscheinlich auch die Grundeinkommen der Familienmitglieder mit berücksichtigt. Da im Wettbewerb aber der Grundsatz gilt: gleiche Arbeit für gleichen Lohn, werden die höheren Einkommen generell um mehr als die Höhe eines Grundeinkommens sinken. Also auch bei alleinstehenden.

Ich schließe diese Zahlenbeispiele ab mit unserer Berechnung für die Schweiz.

Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz beträgt gut 650 Milliarden Franken im Jahr. Die Grundeinkommen für alle wären rund 210 Milliarden Franken im Jahr. Also etwa ein Drittel des Bruttoinlandproduktes. Die Konsumausgaben im Jahr betragen etwa 420 Milliarden Franken. In den bestehenden Einkommen kann das Grundeinkommen 180 bis 200 Milliarden Franken ersetzen. Für die Grundeinkommen müssten also zusätzlich zwischen 30 bis 10 Milliarden Franken aufgebracht werden. Diese 30 bis 10 Milliarden Franken kommen denen zugute, die heute wenig haben. Der Mehrbedarf an Geld für die Grundeinkommen liegt bei 2 bis 5 Prozent des Bruttoinlandproduktes.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist für mich wie ein Feuerschiff, dass alle Häfen anfährt und überall etwas entzündet und aufschließt.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist für mich wie ein Feuerschiff, dass alle Häfen anfährt und überall etwas entzündet und aufschließt.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist für mich wie ein Feuerschiff, dass alle Häfen anfährt und überall etwas entzündet und aufschließt.

Ich bin jetzt mit meinem Text auf Seite 17. Und eine Stunde ist rumIch war beim Schreiben des Textes schon bis Seite 55. Sie ahnen nicht, was Ihnen entgeht. Es gibt immer noch mehr, auf das man zeigen möchte. Das bedingungslose Grundeinkommen ist für mich wie ein Feuerschiff, dass alle Häfen anfährt und überall etwas entzündet und aufschließt. Mit einem Grundeinkommen wird die Suche nach einem Arbeitsplatz vielleicht nicht mehr verwechselt mit der Suche nach einem Einkommensplatz. Und Wirtschaft wird vielleicht nicht mehr verwechselt mit Kapitalismus. Und der Arbeitsbegriff, der für Maschinen gilt, sollte nicht verwechselt werden mit dem, der für Menschen gilt. Der für Menschen ist immer neu zu bilden.

Ich möchte mit einer kleinen Geschichte abschließen. Sie ist, wie sich das gehört, etwas Eigenständiges. Ich weiß auch nicht, was sie mit dem Thema Grundeinkommen zu tun hat. Sie ist aus China. Glaube ich. Oder vielleicht ist sie auch aus Südkorea.

Es war vor langer Zeit. Da beauftragte der Herrscher des Landes einen Maler, er solle das ganze Reich auf der größten Palastwand malen. Viele Jahre vergingen. Dann war der Tag gekommen. Die größte Wand des Palastes war mit einem Vorhang verhüllt. Der Herrscher erschien, und der Vorhang fiel. Da sah er die Herrlichkeit des ganzen Landes noch schöner und lebendiger, als sie mit Augen in der Welt zu sehen ist. Alle Berge und Täler, Flüsse, Brücken, Wege, die Dörfer, die Pflanzen und Tiere, die Küsten des Meeres und Menschen. Der Herrscher war tief beeindruckt. Er fragte den Maler: was für ein Felsen ist das? Wo liegt so viel Schnee? Wer lebt in dem Tal? Was wächst dort? Was tun die Menschen da? Er zeigte auf vieles und wollte alles wissen. So sprachen sie lange und gingen vor dem Bild auf und ab. Schließlich bemerkte der Herrscher eine kleine Hütte oben an einem Berg. Wessen Hütte ist das? Fragte der Herrscher. Wer lebt da? Der Maler schaute ihn an. Da lebe ich, sagte der Maler. Und er ging auf die Wand zu und in das Bild und auf dem Pfad im Bild den Berg hinauf und verschwand in der Hütte.

Vielen Dank.

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